Key Takeaways
- Am 27. März dieses Jahres wurde das Wachstumschancengesetz verkündet. Ziel des neuen Gesetzes ist es, die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland durch Wachstumsimpulse und Steuererleichterungen nachhaltig zu stärken.
- Das Wachstumschancengesetz sieht die Vereinheitlichung des Steuersystems vor. Insgesamt wurde ein Entlastungsvolumen von 3,2 Milliarden Euro veranschlagt. Die zunächst geplante Klimaschutz-Investitionsprämie ist nicht mehr im Gesetz enthalten.
- Die energieintensiven Industrien und das Baugewerbe tun sich besonders schwer damit, sich von der Pandemie und der Energiekrise zu erholen und weisen seit 2022 fast durchgängig rückläufige Produktionsvolumina beziehungsweise Bautätigkeiten auf.
Am 27. März dieses Jahres wurde das „Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness“, das sogenannte Wachstumschancengesetz, verkündet. Das Gesetz war bereits im Deutschen Bundestag am 17. November 2023 verabschiedet worden, wurde vom Bundestag jedoch im Nachhinein intensiv überarbeitet. Mit dem Wachstumschancengesetz will die Bundesregierung nach langen Jahren der Krise die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland stärken und die Wirtschaft wirksam ankurbeln.
An wen richtet sich das Wachstumschancengesetz?
Die neuen gesetzlichen Änderungen im Wachstumschancengesetz gelten bundesweit und sollen konkret klein- und mittelständischen Unternehmen, die den Großteil der deutschen Wirtschaftslandschaft prägen, den Zugang zu Fördermitteln erleichtern und ihre Abschreibungen erhöhen.
Darüber hinaus sollen vor allem Branchen, die in den letzten Jahren besonders mit Kostensteigerungen zu kämpfen hatten, durch die verbesserten Abschreibungsmöglichkeiten mehr Spielraum für Investitionen erhalten. Auch die Anhebung der Abschreibungsrate für den Mietwohnungsbau soll als Anreiz zur Steigerung der Bautätigkeit wirken.
Was umfasst das Wachstumschancengesetz?
Mit dem Wachstumschancengesetz soll das Steuersystem vereinfacht werden. Auch sollen Steuererleichterungen geschaffen sowie bürokratische Hürden bei Fördermitteln abgebaut werden. Dadurch soll die Liquiditätssituation der Unternehmen deutlich verbessert und die Investitions- und Innovationskraft der Unternehmen maßgeblich gestärkt werden. Das Gesetz sieht dafür ein Entlastungsvolumen von rund 3,2 Milliarden Euro vor.
Es sind folgende Gesetzesänderungen geplant.
Einkommens- und Gewerbesteuer:
- Die befristete Einführung der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter um 20 % (zwischen dem 1. April 2024 und dem 1. Januar 2025) sowie für Wohngebäude in Höhe von 5 % (zwischen dem 30. September 2023 und dem 1. Oktober 2029)
- Anhebung der Sonderabschreibung für den Mietwohnungsbau für bewegliche Wirtschaftsgüter und Dienstwägen
- Die jährliche Reduzierung des Anstiegs des Besteuerungsanteils für jeden neuen Renteneintrittsjahrgang um je einen halben Prozentpunkt ab dem Jahr 2023
- Erhöhung der Freigrenzen beim Quellensteuerbehalt und für Geschenke sowie die Ausweitung der Freigrenze für private Veräußerungsgeschäfte
- Berücksichtigung von Entnahmen zur Begleichung von Steuerzahlungen (Thesaurierungsbegünstigung)
Umsatzsteuer:
- Befreiung von umsatzsteuerlichen Erklärungspflichten für Kleinunternehmen
- Einführung elektronischer Rechnungen im Geschäftsverkehr
- Erhöhung der Grenze für die Ist-Besteuerung von 600.000 auf 800.000 Euro
- Anpassung des Schwellenwerts zur Befreiung von der Abgabe vierteljährlicher Umsatzsteuer-Voranmeldungen von 1.000 auf 2.000 Euro
Förderung der Forschungslandschaft:
- Ausweitung der Forschungszulage auf abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens
- Erhöhung der förderfähigen Aufwendungen bei Kosten durch beauftragte Forschungs- und Entwicklungsvorhaben (Erhöhung von 60 % auf 70 %)
Die Klimaschutz-Investitionsprämie ist nicht mehr Teil des Wachstumschancengesetzes
Das Wachstumschancengesetz enthielt in der vom Bundestag im November 2023 verabschiedeten Fassung unter anderem die Klimaschutz-Investitionsprämie, die jedoch im Vermittlungsausschuss, dem Gremium, das zwischen Bundestag und Bundesrat fungiert, gestrichen wurde. Durch die Klimaschutz-Investitionsprämie sollten 15 % der Aufwendungen für Energieeffizienzmaßnahmen von Unternehmen mit einem direkten Zuschuss gefördert werden. Damit hätte das Wachstumschancengesetz gleichermaßen produktivitätssteigernd und umweltschonend wirken sollen.
Im Rahmen der Einigung auf die verabschiedete Fassung des Gesetzes wurden auch weitere geplante Maßnahmen gestrichen. So wurde auch die degressive Abschreibung für den Wohnungsbau von 6 % auf 5 % verringert. Zudem wurde im Vermittlungsausschuss das Entlastungsvolumen von rund 7 Milliarden Euro auf 3,2 Milliarden Euro reduziert.
Energieintensive Industriezweige litten besonders unter den Krisen der letzten Jahre
Traditionell hat Deutschland einen hohen Anteil energieintensiver Industrien. Zu den energieintensiven Industrien zählen unter anderem die Chemieindustrie, die Mineralölverarbeitung, die Herstellung von Glas, Keramik und Papier sowie die Metallindustrie. Sie haben sich in den vergangenen Jahren von den Folgen der Pandemie und den Energiepreiserhöhungen am langsamsten erholt.
Das Produktionsvolumen energieintensiver Industrien ist seit 2022 im Durchschnitt gefallen und hat sich damit schwächer entwickelt als die Gesamtindustrie. Die Produktionskosten hierzulande sind deutlich gestiegen und erschweren es den Unternehmen, wettbewerbsfähig zu bleiben oder in die Umstellung auf erneuerbare Energien oder in Neuentwicklungen zu investieren. Viele Unternehmen erwägen daher, ihre Produktion ganz oder teilweise ins Ausland zu verlagern.
Das Baugewerbe kämpft seit Jahren mit einer rückläufigen Zahl an Baugenehmigungen
Auch die deutsche Bauwirtschaft befindet sich seit 2022 in einem dauerhaften Krisenzustand. Der Anstieg des Leitzinses der Europäischen Zentralbank sowie die im Vergleich zur Zeit vor der Energiekrise fast durchgängig höheren Baumaterialpreise haben zu einem starken Rückgang der Anzahl der Baugenehmigungen und der Bautätigkeit geführt. Auch im aktuellen Jahr ist trotz rückläufiger Inflation mit einer weiterhin schwachen Nachfrage im Baugewerbe zu rechnen.
Kann das Wachstumschancengesetz nachhaltige Wachstumsimpulse setzen?
Mit dem neuen Wachstumschancengesetz ist es gelungen, bürokratische Hürden deutlich zu minimieren und insbesondere klein- und mittelständische Unternehmen durch Steuererleichterungen gezielt zu fördern. Auch die Förderung im Baubereich ist zu begrüßen, vor allem die Kombinationsmöglichkeit der degressiven Abschreibung mit der Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau kann ein wirksamer Anreiz für Bauvorhaben sein.
Für die versprochenen wirtschaftlichen Wachstumsimpulse dürfte das Wachstumschancengesetz in seiner jetzigen Form zu kurz greifen. Auch die Reduzierung des Entlastungsvolumens von 7 Milliarden Euro auf 3,2 Milliarden Euro schmälert das Potenzial des Wachstumschancengesetzes deutlich.
Final Word
Es bleibt noch abzuwarten, ob die Steuererleichterungen, die durch das Wachstumschancengesetz geschaffen wurden, genügend Innovationspotenzial generieren können, um die am stärksten belasteten Branchen nachhaltig zu fördern und ob die Klimaschutz-Investitionsprämie zu einem späteren Zeitpunkt in anderer gesetzlicher Form umgesetzt wird, um den energieintensiven Industrien eine zusätzliche Unterstützung zu bieten.